Monschau (Stadt) Erstbezeugung a. 1198 de Monte Ioci; a. 1217 castrum in Munioie)
Die Stadt, deren älterer Kern in den engen Tälern von Rur und Laufenbach liegt, hat ihren Ausgang von der Burg gleichen Namens auf einem Bergsporn über der Rur, einem Ausläufer des Höhenrückens Haag, genommen. Wohl im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts von den Herzögen von Limburg errichtet, war sie als die dritte Burganlage nach Vorgängern in Reichenstein und Monschau (Ruine Haller über der Einmündung des Laufenbaches) das Instrument der Limburger, das Reichsgut Konzen der Krone zu entfremden. Zusammen mit den Burgen ging die Siedlungserschließung des Kernraums (später Feldgeleit genannt) auf der Hochfläche nördlich der Rur im Reichswald um Konzen einher. In der Folge davon wurde das bis ins 13. Jahrhundert “Land Konzen” genannte Gebiet (terra Cumeze, Kuntzerlandt) zum “Monschauer Land”.
Der Name ist ein typischer Burgenname aus dem Umfeld der Kreuzzüge. Walram von Limburg-Monschau, der erste Herr der Burg und spätere Herzog von Limburg (1221-1226) ist als Kreuzfahrer 1197 im Heiligen Land gewesen. Der altfranzösische Ausdruck Monjoy / Monsoy fungierte zum einen als Schlachtruf französischer Ritterheere, zum anderen als Name von Anhöhen an Pilgerwegen, von wo aus das ersehnte Ziel zu sehen war, so z. B. vor Jerusalem, Santiago und anderen. In der zweiten Verwendung ist der Bestandteil Mon– als ‘Berg’ verstanden worden. Wegen der romanischen Herkunft des Namens variieren die Schreibungen in deutschsprachiger Umgebung außerordentlich stark. Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit dominiert die Schreibform Monjoye. Um 1800 kommt zur Zeit der französischen Herrschaft im Rheinland die Form Montjoie mit neufranzösischer Aussprache auf. Im Herbst 1918 wurde infolge des verlorenen Krieges der Name durch amtlichen Erlass zu Monschau “germanisiert”. Schreibungen mit <sch> sind aber auch schon im 14. und 15. Jahrhundert belegt.
Nach Übernahme der Limburger Herzogswürde durch Heinrich IV. (Herr von Monschau seit 1221, Graf von Berg seit 1225) im Jahr 1226 etablierten sich aus einer Limburger Seitenlinie die Herren von Monschau bis 1266. Ab 1269/70 folgte eine vereinigte monschau-valkenburgische Landesherrschaft bis zum Aussterben der männlichen Linie 1352. Im folgenden Valkenburger Erbfolgestreit erwarben unter anderen die Herren von Schönau-Schönforst wie auch der Markgraf von Jülich Rechte an der Herrschaft Monschau, die endgültig 1435 als Amt an das Herzogtum Jülich fiel und bis zum Ende des Alten Reichs auch verblieb. Nach 1794 wurde Monschau französischer Kantonssitz, ab 1816 Sitz eines gleichnamigen preußischen Landkreises bis 1971. Die Burg ist kontinuierlich bis ins 17. Jahrhundert ausgebaut worden. Sie erfuhr unter den Monschau-Valkenburgern eine umfangreiche Vergrößerung um eine Vorburg mit geräumiger Kapelle (Erstbeleg 1369). Dazu gehörten weiter die Ummauerung der inzwischen entstandenen Siedlung am östlichen Fuß des Burgbergs mit drei Toren sowie die Freiung zum Talrechtsort (Erstbeleg 1342). Eine förmliche Stadtrechtsverleihung liegt nicht vor, doch gibt es seit 1476 mehrere Bestätigungen (1511, 1602, 1609, 1666) der städtischen Gewohnheitsrechte. In der preußischen Kommunalordnung seit 1816 bildete Monschau eine Bürgermeisterei, 1850/51 eine Gemeinde. 1856 erfolgte die Verleihung der preußischen Städteordnung für die Rheinprovinz. Ab 1972 wurden die Orte Kalterherberg, Höfen, Rohren, Widdau, Imgenbroich, Konzen und Mützenich zur Stadt Monschau zusammengeschlosssen. Die Entwicklung zu städtischen Qualitäten verlief zögerlich. Eine 1489 gewährte Akzise (erneuert 1575) diente zur Unterhaltung der Befestigung. Im Geldernschen Krieg wurden 1543 Burg und Stadt von kaiserlichen Truppen erobert; die Burg wurde schwer, die Stadt vollständig bis auf das Turmhaus an der Achterpforte zerstört. Erst im Lauf des Wiederaufbaus dehnte man die Bebauung über die Stadtmauer nordwärts zum Laufenbach (Vorstadt Lauff) und von seiner Einmündung in die Rur rurabwärts (Vorstadt Rur) aus (als “Vorstadt” 1622 genannt). Im Jülicher Erbfolgestreit 1609 zunächst brandenburgisch besetzt, verhalf die Eroberung von Stadt und Burg durch Spanier 1622 dem Pfalz-Neuburger Mitbewerber Wolfgang-Wilhelm zur endgültigen Übernahme der Herrschaft.
Damit begann auch der Aufstieg zu städtischen Qualitäten, zumal Stadt und Umland weitgehend von den Zerstörungen und Ausplünderungen des Dreißigjährigen Krieges und den Folgekriegen verschont geblieben waren. Darauf weisen u. a. einsetzende Stadtrechnungen, ein eigenes Stadtsiegel, Anfänge einer Elementarschule, der Bau eines Rathauses 1654 (vor der Stadtmauer!) sowie die Bildung einer selbständigen, von der Urpfarre Konzen abgelösten Pfarrgemeinde 1639 mitsamt einem eigenen Kirchenbau (St. Mariä Geburt, Weihe 1650) hin. Vorher diente die Schlosskapelle (St. Martin, St. Joseph), die 1486 von Herzog Wilhelm IV. von Jülich-Berg dotiert war und über einen ständigen Priester unter Konzen verfügte, als örtliche Kirche. Während der brandenburgischen Zeit 1609-22 hatten die Lutheraner (bzw. Reformierten) vorübergehend die Schlosskapelle inne, die nach Weihe der Stadtpfarrkirche als Kirche der katholischen Garnisonsgemeinde auf der Burg diente. Nach dem Verkauf der Burg in französischer Zeit (1808) wurde die Schlosskapelle profaniert und diente verschiedensten Zwecken bis hin zum Schweinestall. Nach gründlicher Restaurierung (1980-1983) findet sie eine angemessene Verwendung als Konzert- und Festraum im Rahmen des Altenheimes “Maria-Hilf-Stift”. Den Abschluss der Entwicklung zur Stadt im Vollsinn des Wortes bildete die Ansiedlung von Ursulinen 1710 (Klostergebäude in der Laufenstraße [Bau 1715-1718], heute Sparkasse) und von Minoriten 1712 (“Aukloster” in der Rurstraße [Bau 1717-1724] und Kirche St. Mariä Empfängnis [Baubeginn 1725, Weihe 1751] zur Sekundarbildung von Mädchen und Jungen. Die Minoritenkirche (“Aukirche”) fungiert seit 1856 als katholische Hauptkirche (Turm 1922/23 hinzugefügt). Der Aufstieg zu städtischen Qualitäten ging Hand in Hand mit dem Aufbau einer Tuchmachermanufaktur.
Das Ursulinenkloster wurde wegen des Schulbetriebs 1798 nicht geschlossen, doch verzog der Konvent 1838 nach Ahrweiler. 1857 übernahmen einige Ursulinen aus Ahrweiler die Weiterführung der Sekundarschule für Mädchen; 1927 erfolgte die Neuansiedlung eines Konvents auf dem Burgau, der bis 1978 bestand. Die Schule wurde 1977 von Bistum Aachen übernommen. Aus der Minoritenschule (1804 durch säkularisierte Minoriten weitergeführt) ging mit einigen Unterbrechungen das städtische Gymnasium hervor: 1889 als gemischtkonfessionelle Rektoratsschule betrieben, 1922 in ein Realprogymnasium umgewandelt, wurde die Schule 1929 zur Vollanstalt. Mit der Eröffnung des Neubaus auf der Haag 1953 erhielt sie nach dem Vorbild von Münstereifel den Namen “St. Michael-Gymnasium-Monschau”. Die 1961 eröffnete Realschule ist nach dem aus Monschau stammenden Mathematiker Bruno Elwin Christoffel benannt. Die seit der brandenburgischen Herrschaft ab 1609 zahlreicher gewordenen Protestanten, die zudem durch die aufstrebende Tuchmanufaktur weiteren Zuzug erhielten, bildeten seit 1672 zusammen mit Imgenbroich eine Gemeinde mit Kirche (1683) und Friedhof im benachbarten Menzerath. Nach Konzession von 1787 schlossen sich die lutherischen Feintuchfabrikanten zu einer Gemeinde in der Stadt Monschau mit eigener Kirche (Weihe 1789) zusammen. Der Friedhof Menzerath wurde weiter genutzt (s. dort).
Die Lage fernab von Durchgangsstraßen und Kriegswirren ermöglichte im 17. Jahrhundert einen weitgehend ungestörten Aufbau einer Infrastruktur für Wolltuchproduktion hoher Qualität. Entgegen der ständig wiederholten Legende waren es nicht Aachener Religionsflüchtlinge, sondern einheimische Familien (Schmitz in Monschau, Offermann in Imgenbroich), die das neue Gewerbe auf den Weg brachten. Schon in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wurde spanische Merinowolle verarbeitet (bezeugt 1718). Der Standort hatte jedoch mit schwerwiegenden Absatzproblemen wegen eines fehlenden Marktes an Ort und Stelle und den Privilegien der älteren Produktionsstätten im Herzogtum Jülich zu kämpfen. Der Durchbruch zu europaweiter Geltung der Feintuchproduktion gelang dadurch, dass Johann Heinrich Scheibler (1705-65) als führender Unternehmer die territorialen Behinderungen des Hausierhandels durch Auftritt auf den großen Messeplätzen überwand und Monschauer Tuche zum Markenartikel machte. Die Blütezeit dieser Feintuchherstellung lag in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diese Epoche der Tuchmanufaktur ist dadurch gekennzeichnet, dass sie vom anfänglich praktizierten Verlagssystem schrittweise zur Konzentration aller Arbeitsschritte in einem Fabrikgebäude fortschritt. Die Bausubstanz des Stadtkerns aus der Tuchmacherzeit des 17. und 18. Jahrhunderts ist im Wesentlichen erhalten, darunter prachtvolle Bürgerhäuser wie das “Rote Haus” und das “Haus Troistorff”, die gleichzeitig auch Fabrikationsstätten waren. Dazu kommen einige größere Fabrikationsstätten im Altstadtkern.
Der Einmarsch französischer Revolutionstruppen 1794 brachte zunächst einen tiefen Einbruch wegen Konfiskationen und Verlusten alter Absatzmärkte, beschleunigte aber seit ca. 1800 die Modernisierung und Mechanisierung der überlebenden Betriebe. Die gelungene Konsolidierung wurde durch den folgenden Anschluss an Preußen empfindlich gestört. Trotz gelegentlicher Aufschwünge konnte die Tuchfabrikation im 19. Jahrhundert nicht mehr an die Erfolge des 18. Jahrhunderts anknüpfen. Unternehmer wanderten nach Osteuropa aus (Lodz, Brünn) oder wandten sich anderen Textilsparten zu (Spinnerei, Kunstwolle, Kunstseide u. a. ). Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an verlor der Standort Monschau den Anschluss an die industrielle Entwicklung. Die Eröffnung der Vennbahn von Aachen (1885) konnte den Trend nicht aufhalten. Die Bevölkerungszahl ging im 19. Jahrhundert kontinuierlich zurück, von 3020 Einwohnern (1816) auf 1865 im Jahr 1905. Die letzte Tuchfabrik schloss 1908, das restliche Textilgewerbe kam in den 1960er Jahren zum Erliegen.
Die größeren, meist durch Wasserkraft getriebenen mechanisierten Fabrikationsanlagen der industriellen Epoche lagen in den Tälern außerhalb des Altstadtkerns. Bis auf das Fabrikgebäude “Wiesenthal” im Laufenbachtal (1809, heute Carat-Hotel) sind die meisten Denkmäler der Standorte Dreistegen, Burgau, Äuchen und Rosenthal dem Abriss zum Opfer gefallen. An der Stelle der 1978 abgerissenen (Eröffnung 1889) Seidenfabrik in der Laufenstraße ist 1989/90 ein Parkhaus errichtet worden. Nach schneller Einnahme durch Amerikaner im September 1944 blieb Monschau weitgehend unzerstört. Die erste amerikanische Militärregierung auf deutschem Boden amtierte von September 1944 bis Mai 1945 in Monschau. Nach dem 2. Weltkrieg setzte verstärkt die Bebauung der Hanglagen und des Höhenzugs “Haag” ein. Die heutige Haupterwerbsquelle ist der Fremdenverkehr, dessen Anfänge in die Zeit der niedergehenden Tuchfabrikation und des Eisenbahnanschlusses (1885) fallen. Mit der kommunalen Neustrukturierung 1972 ist die Rolle des Gewerbestandortes der neudimensionierten Stadt an Imgenbroich gegangen. Mit dieser Verlagerung des Gewerbes an die Peripherie und dem Wegzug der Kreisverwaltung nach Aachen geht – nicht zuletzt auch aufgrund der alten, denkmalgeschützten Bausubstanz – ein Verlust an Wohnbevölkerung im Altstadtbereich einher. Aus Monschau stammten der Komponist, Organist und Bratschenvirtuose Christian Urhan (1790-1845), der seine Karriere in Paris im Kontakt mit Franz Liszt, Fréderic Chopin und Hector Berlioz machte, der Theologe Johann Heinrich Kurtz (1809-1890), Kirchenhistoriker an der Universität Dorpat, und der Mathematiker Elwin Bruno Christoffel (1829-1900), Professor der Mathematik in Zürich, Berlin und Straßburg.
Literatur: Rheinischer Städteatlas, Lfg. X Nr. 56 Monschau. Bearb. (Text): E. Neuß – Kartographie: E. Weiss – Redaktion: M. Wensky, Köln – Bonn 1992 (RhStA); E. Neuß: Die Burg Monschau 1198 – 1998. Bauentwicklung und Rolle in der Geschichte des Monschauer Landes, Monschau 1998 (= Beiträge zur Geschichte des Monschauer Landes. 4); E. Barkhausen: Die Tuchindustrie in Montjoie, ihr Aufstieg und Niedergang, Aachen 1925 (Nachdruck 1998); W. Scheibler: Geschichte der Evangelischen Gemeinde Monschau 1520 – 1939, Aachen 1939 (Nachdruck 1998); Th. Schreiber: Die Entwicklung Monschaus im Spiegel amtlicher topographischer Karten, ML 22 (1994) S. 74-89; F. W. Hermanns – E. Klubert – H. G. Lauscher – T. Offermann: Montjoie – Monschau. Von Häusern und Menschen, 2. korr. u. erw. Aufl. Monschau 2007 (= Beiträge zur Geschiche des Monschauer Landes. 8); E. Neuß – T. Offermann: Tuchmachertradition in Monschau. Ein geschichtlicher Überblick. http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/themen/Das%20Rheinland%20im%2020.%20Jahrhundert/Seiten/TuchmachertraditioninMonschau.aspx; T. Offermann: Die Entstehung der Feintuchfabrikation in Monschau und Imgenbroich. Alte Legenden und neue Theorien, ML 36 (2008) S. 14-26; U. Schuppener: Christian Urhan. Zum 200. Geburtstag des bedeutenden Musikers aus Monschau, Monschau 1990 (= Beiträge zur Geschichte des Monschauer Landes. 2); U. Schuppener: Johann Heinrich Kurtz. Der gebürtige Monschauer wurde ein bedeutender Theologe, ML 44 (2016) S. 56-63; P. L. Butzer / F. Fehér: Elwin Bruno Christoffel zum 150. Geburtstag, ML 8 (1980) S. 90-94.