Überblick zur Siedlungsgeschichte des Monschauer Landes

Im Rahmen der hier vorgestellten Abrisse zur Geschichte der einzelnen Dörfer und Siedlungsplätze des Monschauer Landes sowie auch der anschließenden Umgebung jenseits der Grenzen, ist es angebracht, mehrfach wiederkehrende Orientierungsbegriffe zu erläutern und eine Gliederung der Zeitphasen vorauszuschicken, in die das heutige Bild der Siedlungserschließung einzuordnen ist.

Das Monschauer Land entspricht im großen und ganzen dem zum Ende des Jahres 1971 aufgelösten Landkreis mit Kreissitz in Monschau. Seine territoriale Erstreckung geht jedoch, nur unwesentlich an den Rändern verändert, über ein Jahrtausend auf einen königlichen Forstbezirk und Königshof aus der Zeit Karls des Großen zurück. Nach dem Ende der römischen Zeit und mit den Anfängen der fränkischen Herrschaft im Rheinland waren im Gebirgsraum von Eifel und Ardennen viele Siedlungen aufgegeben worden. Auf weiten Strecken hatte sich wieder der Wald ausgebreitet.

  1. Die älteste Siedlungsschicht: Fortbestehen gallorömischer Siedlungen.

Wo die ursprünglich gallorömischen Ortsnamen weiter im Gebrauch geblieben sind, kann auch die Besiedlung nie ganz unterbrochen gewesen sein. Einige wenige Stellen dieser Art haben sich im Gebirge erhalten, und zwar an folgenden drei Plätzen: Kesternich, Konzen und Mützenich. Für die beiden erstgenannten ist das inzwischen auch über die Namen hinaus durch archäologische Funde bestätigt. Genaueres lässt sich über diesen Überlieferungsprozess jedoch nicht sagen, weder über die Größe oder die Bedeutung der Orte noch über den Zeitpunkt oder die Art und Weise, wie eine germanischsprachige Bevölkerung die Namen übernommen hat.

In Konzen bestand ein königlicher Wirtschaftshof, der gleichzeitig Sitz einer Forstverwaltung war

  1. Die erste Phase der Wiederbesiedlung: Die Siedlungen im Feldgeleit.

Die Erschließung des Forsthofes Konzen ist zunächst in der Karolingerzeit nur zögerlich in Gang gekommen. Erst seit der Mitte oder dem ausgehenden 11. Jahrhundert haben die Grafen bzw. späteren Herzöge von Limburg (an der Weser b. Eupen) durch Bau von Burgen (Reichenstein, Haller, Monschau) das Land der Krone entfremdet und unter ihre Kontrolle gebracht. Zu seiner Erschließung haben sie in größerer Zahl Siedler angeworben. Darauf ging das Recht der Siedler auf freie Rodetätigkeit zurück. Das stellte für die Siedler einen beachtlichen Anreiz dar, denn die gerodeten Flächen waren für sie als Quasi-Eigentum frei vererbbar. Ertrag vom gerodeten Land war allerdings gegenüber der Pfarrkirche in Konzen zehntpflichtig. Da die Konzener Kirche durch  Schenkung Karls des Großen an die Aachener Pfalzkapelle (später Marienstift) gekommen war, wurde dieser Zehnt nach Aachen geliefert. Aus einer Urkunde von 1265 geht hervor, dass um die Mitte des 13. Jahrhunderts eine Zweiteilung des Hofgebietes in der Weise bestand, dass einerseits ein bis dahin gerodetes Gebiet mit Dorfsiedlungen bestand, aus dem der Zehnt erhoben wurde (später „Feldgeleit“ genannt) und zum anderen der noch ungerodete Wald (später „Waldgeleit“). Die zugehörigen Siedlungen sind demnach bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden.

Das Feldgeleit erstreckte sich südöstlich vom Rücken des Hohen Venns (Eckpunkte etwa von Mützenich bis Lammersdorf) über die Hochfläche nördlich bzw. nordwestlich der Rur und ist als Rodungsinsel noch auf heutigen topographischen Karten erkennbar. Im Jahre 1718 ist dieses Feldgeleit mit den technischen Mitteln der Zeit nach Winkeln und Längen vermessen worden. Auf Grundlage der Daten des Messprotokolls ist es Hans Martin Hörnchen (Duisburg) gelungen, den Verlauf des Feldgeleits zu rekonstruieren und in eine Karte einzutragen. Es findet sich als Beispiel eingezeichnet in der preußischen Urkartenaufnahme von 1836-50 neben diesem Text.

Die hierhin gehörigen Dörfer waren Lauscheid (Teil von Mützenich), Lutterbach (Teil von Konzen), Menzerath, Imgenbroich, Fronrath (wüst, nahe Eicherscheid), Meisenbroich (wüst, nahe Huppenbroich), Simmerath, Bickerath, Witzerath, Paustenbach, Lammerscheid (heute: Lammersdorf) sowie Nieder- und Oberrollesbroich (heute: Rollesbroich und Strauch, darunter auch Ortsteile von heutigem Steckenborn). Hinzu kamen die aus römischer Zeit erhaltenen Plätze Konzen, Kesternich und Mützenich. Die Täler wurden gemieden.

  1. Die zweite Phase der Erschließung: Die Siedlungen im Waldgeleit.

Eine grundlegende Quelle von 1342 meldet, dass die Rodetätigkeit  unverändert weiter gegangen ist und der Waldgürtel des Landes weiter „durchlöchert“ wurde, dort wurde der Pfarrzehnt aber nicht erhoben. Siedlungen innerhalb des sog. Waldgeleits sind demnach vom 14. Jahrhundert an entstanden, aber durchaus auch noch bis ins Ende des 16. Jahrhunderts. Auch sie liegen durchweg auf den Höhenrücken. Die Talböden von Rur, Kall und Vicht, erst recht die kleineren steilen Täler wurden lange Zeit wegen Hochwassergefahr zur Anlage von Siedlungen gemieden. In diese Phase gehören Kalterherberg, Höfen, Rohren, Widdau, Dedenborn mit Rauchenauel und Seifenauel, Rurberg, Woffelsbach, Hechelscheid, Eicherscheid, Huppenbroich, Schmidt mit Harscheidt, Froitscheidt und Kommerscheidt, Vossenack, Germeter und Roetgen sowie Rott und Widdau.

  1. Die letzte Phase: Siedlungen in den größeren Täler im Anschluss an Mühlenwerke.

Die ersten Wasserkraftanlagen des 14. Jahrhunderts zum Betreiben von Mahlmühlen (an Belgenbach, Laufenbach, Tiefenbach und oberer Kall, erste Nachricht 1306) hatten noch keine weiteren Siedlungen nach sich gezogen. Das änderte sich vom 15. Jahrhundert an, als die Eisenverhüttung und -verarbeitung in die größeren Täler einzog, was sich durchweg auch an der Namengebung dieser Orte zeigt (z.B. ([Hermans]hammer, Pleushütte). Die jetzt an die Mühlenwerke anschließenden Siedlungen sind allerdings in den meisten Fällen gegenüber den älteren Rodungen von bescheidener Größe geblieben, und zwar Zweifall, Mulartshütte, Hammer, Pleushütte und Simonskall.

  1. Rodung im 19./20 Jahrhundert  

Im beginnenden 17. Jahrhundert war damit der Landesausbau zunächst an ein Ende gekommen. Nach dem Übergang der Rheinlande an Preußen kam es zum Ausgang des 19. Jahrhunderts und noch bis in die ersten Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg hinein noch einmal zu jetzt staatlich gesteuerten Unternehmungen von Neulandgewinnung und Bodenverbesserung als Teil der Landwirtschaftspolitik. (Vennkultivierung Platte Venn, Hatzevenn, Paustenbacher Venn, Lammersdorfer Domänen, Raffelsbrand). Im Unterschied zu den älteren Phasen führten diese Rodeunternehmungen aber nicht (mehr) zur Bildung neuer Dörfer. Vielmehr wurden die gewonnenen Wohnplätze bestehenden Gemeinden zugeordnet.