Kesternich

Kesternich (Gemeinde Simmerath)  (Erstbezeugung a. 1334 Johannes de Kesternich, a. 1361 Kesternich)

Kesternich 1925

In unmittelbarer Nachbarschaft zu Simmerath liegt Kesternich auf der Hochfläche nördlich der Rur an der Verbindung (heute B 266) aus dem Monschauer Land nach Gemünd und Schleiden. Trotz der recht späten schriftlichen Bezeugung gehört der Ort zusammen mit Mützenich und Konzen zu den drei Plätzen, an denen nach Ausweis der erhaltenen Namen Kontinuität zur Römerzeit besteht. Der Name gehört zur reich bezeugten Gruppe der Ortsnamen, die mit dem gallo-römischen Suffix -(i)acum-ich , das Zugehörigkeit anzeigt, und mit einem Personennamen (hier: wohlbezeugtes  Castrinius) gebildet sind. Das Namenargument konnte 1964 durch archäologische Grabungen bestätigt und ergänzt werden, als in der Flur Rüstezaun und am Rüsteweg, bei einer Probegrabung Scherben, Ziegel, Bauschutt und Mauerreste des 2./3. Jahrhunderts zutage traten. Die römerzeitliche Siedlung wird an einer Wegeverbindung entstanden sein, die auf der Höhe rechts der Rur vom Walberhof von der römischen Fernstraße von Köln – Zülpich – St. Vith abzweigte und über die Mineralquelle Sauerbrunnen/ Heilstein (s. Einruhr) nach Kesternich verlaufen ist, wo sie sich in Richtung Konzen – Mützenich – Hohes Venn auf der einen und über Witzerath – Lammersdorf in Richtung Kornelimünster – Aachen auf der anderen Seite verzweigte.

Ölmühle im Tiefenbachtal

Ältere, irrtümlich mit Kesternich in Verbindung gebrachte Schriftzeugnisse einiger Quelleneditionen, gehören zu Kessenich b. Euskirchen. Im Mittelalter lag Kesternich innerhalb des Feldgeleits und war der Bannmühle im nahen Tiefenbachtal zugewiesen. In der Gemarkung von Kesternich ist zu a. 1440 eine herzogliche Hofrechtsverleihung mit Namen Hanroth / Hainrath bezeugt; ihre genaue Lage ist bislang nicht ermittelt. In Verwaltungslisten des Herzogtums Jülich aus dem 16. Jahrhundert werden Einzelhofsiedlungen im Rurtal auf dem Gebiet des heutigen Rurberg (s. dort) vielfach zu Kesternich gezählt.

Seit den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts traten im Amt Monjoye vielfach Täufer in Erscheinung; sie hielten sich vornehmlich im Osten des Amtes in der Nähe der Rur auf, wo die Flucht ins Land Überruhr als „Ausland“ leichter möglich war. In einem Verzeichnis der geflohenen Täufer von 1597/98 sind aus Kesternich über 30 Personen genannt; die meisten kamen wahrscheinlich aus dem Bereich des heutigen Rurberg.  Eine lutherische Gemeinde in Kesternich soll vor a. 1600 bestanden haben. Aufgrund der brandenburgischen Besetzung des Amtes Monjoye 1609 und der Amtmannschaft des Obersten von Ketteler ab 1611 bildete sich in Kesternich eine reformierte Gemeinde. 1620 ist ihr Prediger Reiner von Staden auf der Synode in Jülich bezeugt. Die spanische Besetzung des Amtes 1622 und der Übergang an Pfalz-Neuburg beendeten alle Ansätze der Reformation im Amt außer in Menzerath und Zweifall.

Notkirche

Auf katholischer Seite kam es 1718 zum Bau einer Kapelle, die wegen der Widerstände des Aachener Marienstifts als Kollator erst 1721 als Filiale unter Simmerath geweiht werden konnte; Pfarrerhebung 1804 im neugebildeten Bistum Aachen. Der Kirchenneubau (St. Peter und Paul) von 1899/1900 wurde im September 1944 wie in den Dörfern östlich vom Westwall von deutschem Militär gesprengt; Wiederaufbau 1951/52.

Nachdem Kesternich 1816 nach der neuen preußischen Ordnung als Gemeinde klassifiziert war, wurde es 1851 zu einer Samtgemeinde / Bürgermeisterei zusammen mit Steckenborn und Strauch, die in Personalunion mit dem Einzelgemeindeamt Rurberg verwaltet wurde. Bei der Neugliederung 1936 kam zu dem neugebildeten Amt Kesternich noch das ältere Amt Schmidt hinzu. Unter Abtrennung von Schmidt ging das Amt Kesternich 1972 in der neuen Gemeinde Simmerath auf.

Aufgrund der Lage östlich des Westwalls, an dem der amerikanische Vormarsch Ende September 1944 zum Stehen kam, lag Kesternich bis zur endgültigen Einnahme durch amerikanische Verbände am 03. Februar 1945 im Frontbereich und erlitt starke Zerstörungen (z.B. erstmalige amerikanische Eroberung am 13. Dezember 1944).

Literatur: H. Steinröx – W. Sage: Römische Ausgrabungen in Kesternich und Rurberg, EHV 39 (1967) S. 120-122; H. Steinröx: Höfe – Mühlen – Schiefersteine. Aufsätze zur Geschichte des Monschauer Landes, Monschau 1994, S. 290-292 (= Beiträge zur Geschichte des Monschauer Landes. 3);  W. Scheibler: Geschichte der drei evangelischen Eifelgemeinden des Kreises Monschau. Monschau-Menzerath-Imgenbroich / Zweifall / Roetgen, Monschau 1955; H. Hahn: Zur alten Geschichte der Kirchengemeinde Kesternich, EHV 4 (1928/29) S. 65-69; A. Hohenstein: Schicksale zwischen den Fronten, Monschau 1982; Th.  Schreiber: Kesternich, Steckenborn und Strauch im Spiegel amtlicher Karten, ML 29 (2001) S. 65-81