Einruhr 

Einruhr (Gemeinde Simmerath)  (Frühe Zeugnisse: a. 1516 Sent Nyclaesbrugge;  a. 1597 auff der Rhuiren an St. Niclaisbruggen; a. 1697 auff der Einruhr; a. 1751 in Einrohr)

Der beliebte Fremdenverkehrsort am Obersee der Rurtalsperre ist erst mit der letzten Kommunalreform zum 01. Januar 1972, als er als Ortsteil der Gemeinde Simmerath zugeordnet wurde, Bestandteil des Monschauer Landes geworden. Aufgrund seiner Lage rechts der Rur gehörte der Ort ursprünglich zum Land Überruhr, das zwar bis zum Jahr 1379 eng mit dem Monschauer Land verbunden war, jedoch eine separate Herrschaft darstellte und schließlich zum Landkreis Schleiden gekommen war. Innerhalb des Landkreises Schleiden gehörte Einruhr zur Gemeinde Dreiborn. Demgegenüber war das links der Rur gelegene Pleushütte (s. dort) Teil des Jülicher Amtes Monjoye. Unter den a. 1361 genannten Dörfern des Landes Überruhr ist Einruhr noch nicht verzeichnet.

Der Name Einruhr ist ursprünglich ein Flurname, der für das weitere Rurtal flussaufwärts insgesamt Geltung hatte; z.B. werden 1556/57 die beiden Hammerwerke von Hammer und Pleushütte in der Einroiren lokalisiert. Deshalb ist unwahrscheinlich, dass die gelegentlich vorgetragene Namendeutung zutrifft, nach der wegen des Zusammenflusses von Erkensruhr und Rur zu einem einzigen Fluss die Stelle unterhalb ‚Einruhr‘ heißen müsse. Das Monschauer Landrecht nennt a. 1516 die Brücke am Rurübergang Sent Nyclaesbrugge und bestimmt den bzw. die Unterhaltspflichtigen. Ob an diesem traditionellen Brückenstandort, der bis zur Aufstockung des Rursees 1958 bestanden hat, bereits damals eine Siedlung existiert hat, ist nicht eindeutig erkennbar. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts ist von der Stelle die Rede als auff der Rhuiren an St. Niclaisbruggen (a. 1597); das entspricht der mundartlich gebräuchlichen Wohnplatz-Benennung op er Rur für Bewohner von Einruhr. Die Siedlung Einruhr wird parallel mit den Pleushütte und Velinxwerk (s. dort) genannten Hammerwerken um die Wende zum 16. Jahrhundert entstanden sein. Sichere Zeugnisse für den heutigen Ortsnamen finden sich im 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit Bau und Weihe einer Kapelle:  a. 1751 in Einrohr, a. 1758 in Einrohr parochiae Wolsieffen.

Jägersweiler 1935. Ehemaliger Ortsteil von Einruhr

Die seit dem Ende der 30er Jahre des 16. Jahrhunderts in der benachbarten Herrschaft Dreiborn und danach im Amt Monschau auftretenden, in mehreren zeitlichen Wellen verfolgten Täufer hielten sich vor allem im Osten des Amtes in der Nähe zur Rur auf, wo sie eher über die Rur vor Verfolgung ins „Ausland“ ausweichen konnten. Dadurch wurde Einruhr (uff der Roren, nach a. 1560) zu einem Zufluchtsort für Täufer, die dort bis ins ausgehende 19. Jahrhundert eine eigene Gemeinde bildeten. Ende des 18. Jahrhunderts schloss sie sich den Reformierten in Gemünd an und konnte dadurch einen eigenen Friedhof anlegen; letzte Bestattung 1886.

Die katholische Bevölkerung baute 1749 eine Kapelle (Weihe 1751) als Filiale von Wollseiffen (heute wüst im ehemaligen Truppenübungsplatz Vogelsang); Pfarrort vor 1660 war Olef. Nach starker Kriegszerstörung stürzte die Ruine der Kapelle 1947 ein und wurde abgerissen. Pfarrerhebung 1864 mit wechselnder Dekanatszugehörigkeit, zuletzt seit 1973 zu Simmerath. Der Kirchenneubau St. Nikolaus von 1909/10 (Weihe 1911) wurde nach Kriegszerstörung in den alten Formen wiedererrichtet und 1950 geweiht.

Nach Planungen von 1952 an kam es in den Folgejahren zur Aufstockung der Rurtalsperre, wodurch Einruhr zum Anrainer des Obersees hinter dem Staudamm Paulushof wurde. Große Teile von Einruhr und Pleushütte versanken im Obersee, beide Orte wurden vollständig umgestaltet. Insgesamt 110 Personen wurden umgesiedelt (davon einige Bauernstellen ins Bergische), 25 Gebäude wurden abgebrochen, 12 vollständig neugebaut, außerdem wurde die Erkensruhr im Mündungsbereich verlegt, ebenso die Rurbrücke.

Auf dem Gebiet von Einruhr im Tal des Sauerbachs, nahe der B 266 in Richtung Herhahn – Gemünd, liegt die unter den Namen Heilstein und/oder Sauerbrunnen bekannte Mineralquelle. Grabungen der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts erweisen, dass die Mineralquelle schon in römischer Zeit in Nutzung gewesen ist. Sie stand im Zusammenhang eines Straßenverlaufs, der von der großen Römerstraße Köln – Zülpich – St. Vith etwa auf der Höhe des Walberhofes abzweigte und über Kesternich in Richtung Konzen verlaufen ist. Nach Neufassung der Quelle 1826 ist das Mineralwasser regelmäßig bis 1840, danach mit Unterbrechungen bis in die 20er Jahre vertrieben worden. Nach einer Tiefenbohrung 1967 wird seit 2003 das Mineralwasser über eine Rohrleitung in einen Brunnen im Heilstein-Haus in Einruhr geleitet.

Weiteres: s. Pleushütte, Erkensruhr

Literatur: H. Hinsen: Das Land „Überruhr“. Eine Schleidener Enklave im Herzogtum Jülich, ML 29 (2001) S. 24-37; W. Günther: Das Rurseegebiet in der Geschichte, ML 4 (1976) S. 146-155; B. Läufer: Die Aufstockung des Obersees und seine Folgen für Einruhr, ML 33 (2005) S. 23-30; H. G. Lauscher: Zur Geschichte der Heilsteinquelle bei Einruhr, ML 33 (2005) S. 10-22; K. W. von Ameln: Nachrichten zu den kirchlichen Verhältnissen in Einruhr bis zum Neubau der Pfarrkirche, ML 35 (2007) S. 58-64; R. Hülsheger: Im Tal des Sauerbachs, ML 38 (2010) S. 42-47; Nachtrag ML 40 (2012) S. 34-37; K. Schneider: Hoffnung und Elend des Franz Theodor Hubert Hons am Heilsteiner Brunnen, ML 41 (2013) S. 116-123; Th. Schreiber: Das Obere Rurtal im Spiegel amtlicher topographischer Karten. 2. Teil: Dedenborn, Einruhr, Erkensruhr, ML 21 (1993) S. 97-110