Schmidt

alte Dorfschmiede

Schmidt (Gemeinde Nideggen)  (Erstbezeugung a. 1518/19 vff der Smytten als jüngere Form aus einem Namenwechsel. Alte und neue Benennung wechseln sich im 16. Jahrhundert ab, z.B. a. 1581/82 vff der Schmitten oder Dierichscheidt)

Schmidt liegt auf der Höhe über dem Rurtal gegenüber Nideggen an der Straße (heute L 218), die aus dem Innern des Monschauer Landes über Hetzingen und Nideggen in den Raum Düren und Euskirchen führt.

Fränkische Hofanlage Harscheidt

Am Beispiel Schmidt lässt sich geradezu musterhaft der Siedelvorgang des Monschauer Landes im späteren Mittelalter und in der frühen Neuzeit vor Augen führen. Die große Zahl von archäologischen Fundplätzen in der gesamten Schmidter Gemarkung weist darauf hin, dass die Talsohle des Rurtals (teilweise im Stausee Schwammenauel versunken) und der Höhenzug westlich der Rur zur Römerzeit intensiv, wenn auch weiter nach Westen deutlich abnehmend, erschlossen gewesen ist. So ist z.B. im Buhlert ein römerzeitlicher Landsitz mit Hypokaustenheizung nachgewiesen. Das vollständige Fehlen gallorömischer Namen zeigt aber, dass mit dem Ende der Römerherrshaft das Land verlassen und nach Jahrhunderten neu aus dem Wald gerodet worden ist.

Den Einwohnern des Monschauer Landes im Mittelalter stand Rodungs- und Siedlungsrecht an Plätzen ihrer Wahl zu. Infolgedessen entstanden in der Regel nicht planmäßig angelegte Gruppensiedlungen, sondern einzelne, zunächst unabhängige Siedlungsplätze, die erst im Laufe der Zeit als eine zusammengehörige Ortschaft wahrgenommen wurden. Auf diese Weise sind in Schmidt die folgenden Siedlungen aufgegangen, die als Ortsteile noch existieren, wobei die Schmiede auf dem Dierscheid als dem höchstgelegenen Bergrücken den endgültigen Namen bestimmt hat. Die Vorgängersiedlungen sind:

  • Froitscheidt (Erstbezeugung a. 1351 Vroirtscheyt);
  • Dierscheidt (Erstbezeugung a.1487 Dierescheidt);
  • Kommerscheidt (Erstbezeugung a. 1505/06 vp Cumberscheit);
  • Harscheidt (Erstbezeugung a. 1547/48 uff dem Harschitt);
  • Mausbach (Erstbezeugung a. 1577/78 auff der Maußbach).

Mit dem Grundwort –scheid bezeichnete man die Höhenrücken zwischen Bachtälern, wie an der Lage der Ortsteile noch ablesbar ist. Die Siedlungen auf den Höhen über Kall und Rur gehören der späteren Siedlungsperiode des Monschauer Landes (frühestens seit dem Ende des 13., im Wesentlichen aus dem 14. Jahrhundert an), als das Waldgeleit aufgesiedelt wurde. Dieser Rechtsbezirk war bei seiner Einrichtung in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts noch siedlungsfrei und unterstand daher noch dem Waldrecht. Mit der Rodung („wo Sense und Pflug drüber gehen“) unterlag das Gebiet dem Landrecht. Die genannten Plätze waren nach dem Landrecht von 1516 der Bannmühle an der Kall zugewiesen.

Der Hof Froitscheidt als erster bezeugter Siedlungsteil gehörte zu einem Burglehen der Herren von Monschau-Valkenburg im Tal Monschau, das die Familie der Rummel von Hetzingen innehatte. Als Gegenleistung mussten die Hetzinger einen Turm in der Monschauer Stadtmauer wehrfähig halten. Dierscheidt war Lehnshof des Herzogs von Jülich, der vornehmlich zu Jagdzwecken diente. In Kommerscheidt bestand zeitweilig in der 1.Hälfte des 17.Jahrhunderts eine protestantische Gemeinde (zu Gemünd) im Umfeld der Familie des Simon Kremer, der im Kalltal Eisenverhüttung betrieb.

In den Bereich von Schmidt gehörten auch einige Einzelhofsiedlungen in der Rurtalaue (Eschauel, a. 1361 die Eschauwel und Brementhal auf der Heimbacher Rurseite) in der Nähe von römischen Siedelplätzen. Sie sind im Rurstausee Schwammenauel (1. Baustufe 1934-1938; 2. Stufe 1954-1959) untergegangen.

Verstärkt seit dem 17. Jahrhundert wurden in der rurseitigen Gemarkung, vor allem bei der Simonsley, Eisenerze abgebaut und im Kalltal (s. Simonskall) verhüttet. Der Hochofen Zweifallshammer (s. dort) unterhalb Froitscheidt an der Kall (Betrieb 1806-1866) ist erhalten. Auf seinem Gelände lag auch die Bleigrube Klingenpütz des 16. Jahrhunderts.

Im Rahmen der Bestrebungen nach ortsnaher kirchlicher Versorgung seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es 1684/85 zum Bau einer Kirche (St. Hubertus, Weihe 1685), die ab 1689 als Rektorat einschließlich Elementarschule zur Pfarrkirche Simmerath gehörte. Nach Pfarrerhebung 1804 erfolgte ein Kirchenneubau 1866/67 (Wiedererrichtung 1949/50; seit 1952 zum Dekanat Simmerath, ab 1973 Dekanat Nideggen-Heimbach).

In der preußischen Kommunalordnung von 1816 bildete Schmidt mit Froitscheidt, Harscheidt, Kommerscheidt, Mausbach, Simonskall und Vossenack eine Bürgermeisterei, ab 1851 eine Samtgemeinde mit Vossenack; 1936 kam Schmidt nach Abtrennung von Vossenack zum Amt Kesternich, 1972 zur Stadt Nideggen, Kreis Düren.

In der großen Auswanderungswelle nach Wisconsin (Nordamerika) in der Mitte des 19. Jahrhunderts waren auch Familien aus Schmidt.

Besetzung durch Amerikaner erfolgte erst am 07. Februar 1945, nachdem Anfang November 1944 eine amerikanische Offensive auf die Rurtalsperre von Vossenack durch das Kalltal über Kommerscheidt mit kurzfristiger Einnahme des Ortes in einem Desaster mit hohen Verlusten stecken geblieben war. Die monatelange Lage im Frontverlauf hatte die weitgehende Zerstörung aller Ortsteile zur Folge.

Aus Schmidt stammte der erste Bischof des 1930 wiederbegründeten Bistums Aachen, Joseph Heinrich Peter Vogt (1865-1937), 1898-1916 Professor für Kanonisches Recht am Kölner Priesterseminar, seit 1918 Generalvikar des Erzbistums Köln und von 1931-1937 Bischof von Aachen.

Weiteres: s. Hetzingen

Literatur: Tichelbäcker: Die römische Besiedlung des oberen Rurtales und der Schmidter Hochfläche. Zur Frühgeschichte des Monschauer Landes “zwischen Kall und Rur”, ML 16 (1988) S. 68-79; H. Tichelbäcker: Zur Geschichte der Herrschaft Hetzingen. Vom Königshof Konzen zur Stadt Nideggen, DGB 80 (1991) S. 41-61; E. Neuß: Zu den Anfängen von Schmidt im späten Mittelalter, ML 18 (1990) S. 39-51; E. Neuß: Rodung und Siedlung im Monschauer Land im Mittelalter und der frühen Neuzeit, ML 42 (2014) S. 42-59; R. Jansen: Aus Eschauels Vergangenheit. Zur Genealogie eines versunkenen Hofes, ML 14 (1986) S. 38-48; 15 (1987) S. 41-52; Th. Schreiber: Schmidt im Spiegel amtlicher topographischer Karten, ML 25 (1997) S. 59-75; R. M. Müller: Der Krieg, der nicht sterben wollte. Berichte amerikanischer und deutscher Zeitzeugen, Monschau – München 2002 (= Beiträge zur Geschichte des Monschauer Landes.5); W. Dovern: Die Auswanderer aus Schmidt und Harscheidt im 19. Jahrhundert, ML 41 (2013) S. 94-97