Pleushütte (Gemeinde Simmerath) (Frühe Zeugnisse a. 1531/32 der Pleußhamer; a. 1556/57 vff der Ein Rour sind zwei hammer, der eine Plußhammer und der andere Hermanshammer genannt; a. 1560/61 Pliußhammer)
Pleushütte am Ufer des Obersees der Rurtalsperre, links der Rur, bildet seit der Kommunalreform 1972 wie Einruhr rechts der Rur (s. dort) einen Ortsteil der Gemeinde Simmerath. Durch diese Maßnahme ist die seit dem Mittelalter bestehende Rurgrenze zwischen beiden Dörfern, dem Monschauer Land und dem daraus resultierenden Landkreis Monschau (links der Rur) und dem Land Überruhr, zuletzt Landkreis Schleiden (rechts der Rur), hinfällig geworden, wenn auch diese „Landesgrenze“ für die engen Beziehungen zwischen beiden Dörfern zu keiner Zeit ein Hindernis gewesen ist. Der Übergang an der Rur ist a. 1516 als Sent Nyclaesbrugge bezeugt. Ursprünglich zur Pfarre Simmerath gehörig, orientierten sich die Pleushütter ab 1717 zur näheren Filialkirche in Dedenborn. Nach Pfarrerhebung Dedenborns im neugegründeten Bistum Aachen 1804 folgte auch die offizielle Zuordnung zur Pfarre Dedenborn, doch haben sich die Bewohner wohl damals schon zur Kirche des nahen Einruhr gehalten, wie es auch jetzt offizielle Regelung ist. In kommunaler Hinsicht brachte die preußische Neuordnung 1816 zunächst eine eigenartige Konstruktion, indem Dedenborn mit den recht weit entfernten Hechelscheidt und Woffelsbach einerseits, andererseits Rurberg und Pleushütte jeweils eine Bürgermeisterei bildeten. Sie wurden 1836 zur Bürgermeisterei Rurberg zusammengelegt. Als Teil der Gemeinde Rurberg kam Pleushütte 1936 zum Amt Kesternich und wurde 1972 schließlich Teil der Gemeinde Simmerath.
Die Aufstockung der Rurtalsperre seit 1958 durch Erhöhung des Staudammes Paulushof hat dazu geführt, dass der Obersee der Talsperre den größten Teil des alten Pleushütte überflutet und den Charakter der Siedlung von Grund auf verändert hat. Das heutige Pleushütte ist zum beliebten Fremdenverkehrsort am Wasser geworden.
Wie der Ortsname ausweist, gehört Pleushütte in die Reihe der Gründungen zur Eisengewinnung und -verarbeitung, die von der Mitte des 15. Jahrhunderts an zur Erschließung der bis dahin unbesiedelten größeren Täler von Vicht, Kall und Rur geführt haben, wo die Wasserkraft genutzt werden konnte (z.B. Mulartzhütte, Simonskall, Hammer u.a., s. dort). Als Erstbestandteile der Namen finden sich vielfach Personennamen, womit in der Regel die Gründer der Hütten / Hämmer bezeichnet sind. Der Familienname Pleus ist in der Umgebung gut bezeugt. Die wechselnden Grundwörter –hammer und –hütte weisen darauf hin, dass an den Plätzen sowohl Erzverhüttung wie auch Weiterverarbeitung des Eisens stattfand. Ob das Werk vor a. 1500 zurückgeht, muss offenbleiben. Insofern Pleushütte wie auch Dedenborn nicht bei den a. 1516 unter Mühlenzwang stehenden Dörfern auftaucht, scheint es jedenfalls um diese Zeit noch nicht als eigene Dorfsiedlung wahrgenommen worden zu sein.
Produktion und Eisenverarbeitung sind vielfach unterbrochen und neu begonnen worden. 1705 kam die Hütte in die Hand der Familie Hoesch, die auch an weiteren Stellen der Nordeifel Hüttenwerke betrieb. Schließlich ist die Anlage nach 1769 zum Erliegen gekommen. In der Literatur ist irrtümlich neben einer Hütte in Pleushütte ein Hammerwerk Pleushammer im Dorf Einruhr angenommen worden. Ursache dafür war, dass der Ausdruck Einruhr (vgl. den Beleg oben zu a. 1556/57) fälschlich als Name der Siedlung und nicht wie tatsächlich gemeint als Flurname des Flusstals der Rur ruraufwärts gedeutet wurde. Die Aufzeichnung in den Forstmeisterrechnungen des Amtes Monjoye kann sich jedoch nur auf „inländisches“ Territorium beziehen.
Dagegen ist wenig früher ein weiteres Eisenwerk an der Rur im Raum Einruhr-Pleushütte unter dem Namen Velynxwerck bezeugt, dessen genauer Standort offen bleiben muss. Ob dieses Werk womöglich der Vorgänger der Pleushütte war, ist denkbar, aber vorerst nicht zu erweisen. Nach dem Monschauer Landrecht von a. 1516 hatte der Inhaber eines zu diesem Velynxwerk gehörigen Grundstücks die Rurbrücke (Sent Nyclaesbrugge) in Stand zu halten. Von a. 1502/03 an bis 1507/08 notieren die Forstmeisterrechnungen des Amtes Monjoye Eisenlieferungen von meister Felick op Ruyre bzw. Johan Felynck up der Rouren. Insofern der Forstmeister in diesem Rahmen auch Geld für die Eichelmast nach dem Tarif für Auswärtige kassierte, ist zu folgern, dass dieses Hüttenwerk auf der rechten Rurseite gelegen haben wird. Die Familie dieses Namens ist gut bezeugt. Spätere Belege erweisen nur noch die Tradierung des Namens, nicht des Werkes selbst.
Die Akten der Täuferverfolgung vom ausgehenden 16. Jahrhundert weisen für Dedenborn und Pleushütte eine Anzahl von Taufgesinnten nach, die z.T. als Betreiber des Eisenwerks bezeugt und jetzt als geflohen registriert sind, z.B. a. 1597/98 Churstgen Hüttermans, auf Pleus Hammer geboren und gewichen auf jenseits von der Rhuiren an St. Niclais brüggen; Hammers Schmit Hein, Pleus Hammer u.a.m.
Weiteres: s. Einruhr, Erkensruhr
Literatur: H. Steinröx: Der Anfang der Orte Dedenborn, Rauchenauel, Seifenauel und Pleußhammer-Pleußhütte, ML 12 (1984) S. 42-46; H. Steinröx: Das Velinx-Werk. Eine unbekannnte Eisenhütte in der Gegend von Einruhr, ML 19 (1991) S. 50-51; B. Läufer: Die Aufstockung des Obersees und seine Folgen für Einruhr, ML 33 (2005) S. 23-30; P. Neu: Eisenindustrie in der Eifel. Aufstieg, Blüte, Niedergang, Köln – Bonn 1989 (= Werken und Wohnen. 16); J. Hashagen: Geschichte der Familie Hoesch, 2 Bde., Köln 1911-1916; Th. Schreiber: Das Obere Rurtal im Spiegel amtlicher topographischer Karten. 2. Teil: Dedenborn, Einruhr, Erkensruhr, ML 21 (1993) S. 97-110