Konzen (Gemeinde Monschau) (Erstbezeugung a. 888 Compendio [lateinischer Ablativ zu Compendium]).
Konzen liegt am Rand des Hohen Venns in der Quellmulde des Laufenbaches an der Straße von Monschau nach Aachen (B 258). Diese Verbindung ist allerdings erst in napoleonischer Zeit (1804-1813) gebaut und verdeckt den Sachverhalt, dass die seit alters für Konzen wichtige Verbindung nach Aachen ursprünglich über den Pilgerweg im Hohen Venn, den Reinartzhof und Raeren verlaufen ist. Konzen wurde spätestens seit dem Ende des 8. Jahrhunderts in Fortsetzung einer römerzeitlichen Siedlung in karolingischer Zeit das Zentrum der Wiederbesiedlung des wieder verwaldeten Monschauer Landes. Lateinisches compendium konnte in der Bedeutung ‘Abkürzung’ zum Siedlungsnamen werden (vgl. frz. Compiègne) und bezog sich vermutlich auf die Lage des Ortes an der Verbindung zwischen der überregionalen Römerstraße Reims – St. Vith – Zülpich – Köln südlich der Rur und einem Straßenverlauf über das Hohe Venn. Der Verbindungsweg ist auf der Strecke Walberhof (bei Herhahn) – Grüner Pütz/Sauerbachtal – Kesternich – Konzen – Mützenich zu suchen. Die überwiegende ältere Schreibung Con(t)zen ist 1936 in Konzen geändert worden. Konzen gehörte zu den 43 (bzw. 44) königlichen villae (Wirtschaftshöfen) im Eifel-Ardennenraum, deren Neunten (d. h. Erträge eines zweiten Zehnten) König Lothar II. (855-869), Urenkel Kaiser Karls des Großen, der Pfalzkapelle zu Aachen schenkte. Der Ort ist im Tafelgüterverzeichnis des hohen Mittelalters (12. Jahrhundert) noch als Königsgut genannt. Um diese Zeit bestanden die Leistungen des Hofes in jährlich zwei sog. Servitien, wobei ein Servitium ausmachte: 40 Schweine, 5 Kühe, 7 Ferkel, 50 Hühner, 500 Eier, 90 Käse, 10 Gänse, 5 Pfund Pfeffer, 10 Pfund Wachs und 4 große Karren Wein.
Die zu einem solchen Hof gehörende Kirche St. Peter (bzw. St. Pankratius) war aufgrund einer Schenkung, höchst wahrscheinlich Karls des Großen, bereits Eigentum der Pfalzkapelle, dem späteren Marienstift Aachen, das bis zum Ende des Alten Reichs den Patronat innehatte. Daher war Konzen Urpfarre und Sendkirche des Bezirkes im Archidiakonat Ösling/Osning der “Christianität” Zülpich. Gleichzeitig stellte der Hof einen von hier aus verwalteten Forstbezirk dar. Nach der Abtrennung einer Pfarre Simmerath nicht lange nach 1300 blieb die Konzener Kirche die Hauptkirche des sog. “Oberen Kirchspiels” bis zum Ende des Alten Reiches, der allein das Zehnt- und Sendrecht zukam. Mit ziemlicher Sicherheit sind in einzelnen Bauteilen der heutigen Friedhofskapelle St. Pankratius Teile der ältesten karolingischen Kirche enthalten. Dort sind auch römische Funde ergraben. Teile der Umrissmauern der spätgotischen Kirche (3. Kirchenbau) und der Unterbau des romanischen Kirchturms vom Vorgängerbau (ca. 1160, 2. Kirchenbau) sind erhalten, ebenfalls der romanische Taufstein. Nach Kriegszerstörung 1944/45 und Wiederherstellung der Außenmauern bis 1951 wurde die Kirche 1952-54 nach Norden erweitert, wobei das spätgotische Gewölbe (außer dem Chor) geopfert wurde. Die seitlich in den Erweiterungsbau geretteten spätgotischen Maßwerkfenster der ursprünglichen Nordseite aus rotem Nidegger Sandstein sind bei der jüngsten Abtrennung der Erweiterung vom Altbau 2015 verloren gegangen. Seit der napoleonischen Bistumsneuordnung ab 1804 blieb Konzen einfache Pfarre im Dekanat Monschau (Dekanatsstruktur 1827) bis zu den kirchlichen Um- und Neustrukturierungen seit dem zweiten Vatikanischen Konzil.
Der Königshof Konzen war gleichzeitig Sitz der Forstverwaltung des Gebietes mit einem Forstgericht unter einem Forstmeister mit 19 Förstern. Solange das Hofgebiet als Königsgut galt, gehörte zum zentralen Wirtschaftshof ein Hofgericht. Infolgedessen hieß das Land bis in den Anfang des 13. Jahrhunderts “Land Konzen” (terra Cumeze, Kuntzerland). Mit der Entfremdung des Gebietes von der Krone durch die Grafen bzw. Herzöge von Limburg im Gefolge ihrer Errichtung der Burgen Reichenstein und Monschau seit dem 12. Jahrhundert und der Verlagerung der Verwaltung an den Burgort Monschau setzte ab ca. 1200 die Entwicklung zum Bauerndorf ein. Gemäß dem Landrecht von 1516 gehörte Konzen zum Bann der Mahlmühle am Belgenbach. Der Ortsteil Lutterbach (Erstbezeugung a. 1369 Luterbach) in der Quellmulde des Belgenbaches wird bis ins frühe 17. Jahrhundert gelegentlich als eigene Siedlung gewertet (vgl. Lauscheid zu Mützenich). Das Bestimmungswort dieses zusammengesetzten Namens gehört zum Adjektiv nhd. lauter ‘klar’. Mit der preußischen Übernahme des Rheinlandes und kommunalen Neuordnung wurde Konzen ab 1816 der Bürgermeisterei Imgenbroich zugeordnet (1851 Samtgemeinde mit den Ortschaften Imgenbroich, Widdau, Mützenich, Konzen, Eicherscheid und Hammer), 1936 Gemeinde im Amt Imgenbroich, schließlich seit 1972 Ortsteil der Stadt Monschau. Anschluß an die Vennbahn erfolgte 1885. Neben der Landwirtschaft bestand bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts der Betrieb von Kleinweberei. Eine 1907 begründete Genossenschaftsweberei arbeitete unter verschiedenen Organisationformen bzw. Eigentumsverhältnissen bis zur endgültigen Einstellung 1970. Seit 1962 befand sich eine Weberei und Stöpferei „Am Lutterbach“ mit ca. 20 Beschäftigten. Sie wurde zwar 1969 verkauft, schloss jedoch als letzte Weberei in Konzen den Betrieb erst 1983. Endgültig am 14. September 1944 hatten fast alle Konzener das Dorf verlassen, während erste amerikanische Einheiten den Dorfrand beim Bahnhof erreichten. Da der amerikanische Vormarsch jedoch stockte, wurde der Ort unmittelbare Kampfzone und im Kriegswinter 1944/45 stark zerstört.
Literatur: Steinröx: Konzen und die Römerstraßen, HKM 9 (1961) S. 85-90; R. Nolden: Besitzungen und Einkünfte des Aachener Marienstifts von seinen Anfängen bis zum Ende des Ancien Régime, ZAGV 86/87 (1979/80) S. 172-178; R. Nolden: Das Aachener Marienstift und seine Besitzungen im Monschauer Land von Karl dem Großen bis zum Ende des Alten Reiches, ML 11 (1983) S. 26-35; E. Neuß: Die Urkunde König Arnolfs vom Jahre 888, ML 16 (1988) S. 26-32; E. Neuß: Kaiser Karl der Große im Monschauer Land. Die Sagentradition und ihre historische Grundlage, ML 43 (2015) S. 36-54; 1100 Jahre Konzen. 888 bis 1988, hg. vom Verein zur Pflege kultureller und dorfgeschichtlicher Zwecke. o. O, o. J. [Konzen 1988], darin: H. Steinröx: 1100 Jahre Konzen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (ebenfalls in: Heimatblätter des Kreises Aachen 43 (1988) S. 1-104); Th. Schreiber: Konzen und Imgenbroich im Spiegel amtlicher topographischer Karten, ML 30 (2002) S. 53-72; J. Erkens – H. Huppertz: Konzen in schwerer Zeit. Erinnerungen an Krieg, Räumung, Evakuierung, Heimkehr und Aufbau, EHV 39 (1967) S. 5-93; zur Schule: M. Huppertz (Bearb. ): 1125 Jahre Konzen. Heimatgeschichten und Chroniken von Conzen und dem ehemaligen“ Conzener Land“, [2013]; zur Demographie: G. Krings: Bevölkerungsentwicklung in Konzen und Imgenbroich, [2016].