Dedenborn

Dedenborn (Gemeinde Simmerath) (Erstbezeugung a.1557/58 Dietenborn; weiter a.1560/61 der Dedenbor; als Beiname in einem Personennamen a. 1560/61 Vaiß uff dem Diedenborn)

Im Vordergrund: Rauchenauel; Links: Seifenauel; Rechts oben: Dedenborn

Die Anfänge von Dedenborn mit seinen unabhängig voneinander entstandenen Ortsteilen (vgl. Schmidt, Rurberg) Rauchenauel (Erstbezeugung a.1549/50 Gerhardt Ruchenhauwen; a.1550/51 Gerrit / Gieret in Ruchenauwell als Beiname einer Person) und Seifenauel (Erstbezeugung a. 1564/65 (Vaiß in Seuernauwen; a.1565/66 Vaiß vff Seiffenawen, ebenfalls als Beiname einer Person) fallen in eine jüngere Siedlungs- und Ausbauphase des Monschauer Landes von der Mitte des 15. Jahrhunderts an, als jetzt auch die größeren Täler aufgesiedelt wurden. Während aber die meisten dieser Siedlungen ihre Entstehung gewerblichen Zwecken und Mühlenwerken verdanken (s. Hammer, Simonskall, Mulartshütte) sind diese drei Dörfer landwirtschaftliche Gründungen.

In diesem Flussabschnitt der Rur ist Ackerbau möglich, weil der Fluss hier weit geschwungene, leicht geneigte Hänge ausgebildet hat im Gegensatz zu der schluchtartigen Talausprägung im Oberlauf auf der Strecke von Reichenstein bis Grünenthal.

Kirche im Jahre 1932

Da die drei Ortsnamen unter den Mühlenzwängen des Landrechts von 1516 nicht auftauchen und seit ca. 1500 eine geordnete schriftliche Verwaltungsführung im Amt bestand, ist anzunehmen, dass die Siedlungen nicht lange vor der ersten schriftlichen Erwähnung entstanden sind. Nach dem genannten Landrecht stand es den Einwohnern des Monschauer Landes frei, Stellen ihrer Wahl außerhalb von privatem Grundeigentum zu roden. Die Rodungstätigkeit zur Erweiterung der Wirtschaftsflächen ist im Monschauer Land bis ins 20. Jahrhundert fortgesetzt worden.

Der Siedlungskern von Dedenborn liegt rechts der Rur auf der Mittelterrasse des Rurtales, die nach Nordwesten steil zum Fluss abfällt. Der Ort verdankt seinen Namen einer markanten Quelle (mundartlich Bú-er = nhd. Born ‘sprudelnde, fließende Quelle’. Das Wort ist etymologisch identisch mit nhd. Brunnen, doch unterscheidet man in der regionalen Mundart in fließendes Quellwasser und stehendes Wasser aus einem gegrabenen, künstlichen Brunnen (mundartlich Pötz aus lateinischem puteus). Das Bestimmungswort ist eine Kurzform aus einem zweigliedrigen Personennamen vom Typus Diet-rich, Diet-helm o.ä. Der namengebende Born dürfte auf die Flurstelle Kell zu beziehen sein, die ständig Wasser führt. Dieses rheinische Mundartwort aus lateinischen canalis bezeichnet künstliche Wasserrinnen. Die Quelle wird ursprünglich gefasst gewesen sein.

Die Besiedlung ist wohl aus dem Raum Simmerath-Kesternich durch das Tiefenbachtal her erfolgt; dorthin bestand die erste Wegverbindung. Eine neue Orientierung des Ortes hat sich durch den Straßenausbau ergeben: Im 19. Jahrhundert erhielt Dedenborn Anschluss an die Chaussee Simmerath – Gemünd über eine Abzweigung unterhalb der “Schönen Aussicht” (oberhalb Einruhr), erst 1939 folgte im Zuge der Westwallarbeiten der Straßenbau ruraufwärts nach Hammer und Grünenthal (heute L 106 bzw. K 21, Fertigstellung in den 50er Jahren). Der Ausbau der Verkehrswege war entscheidend für den Strukturwandel zu einem modernen Fremdenverkehrsort.

Kriegsbild mit Tarnanstrich

In kommunaler Hinsicht brachte die preußische Neuordnung 1816 zunächst eine eigenartige Konstruktion, indem Dedenborn mit Hechelscheidt und Woffelsbach einerseits, andererseits Ru(h)rberg und Pleushütte jeweils eine Bürgermeisterei bildeten. Sie wurden 1836 zur Bürgermeisterei Ru(h)rberg zusammengelegt. Als Teil der Gemeinde Ru(h)rberg kam Dedenborn 1936 zum Amt Kesternich und wurde 1972 schließlich Teil der Gemeinde Simmerath, was in gewisser Weise wieder an die Pfarrorganisation des 18. Jahrhunderts anschließt.

Seit den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts traten im Amt Monjoye vermehrt Täufer in Erscheinung, vor allem im „unteren Kirchspiel“ Simmerath in der Nähe der Rur, wo die Flucht ins Land „Überruhr“ (d.h. ins „Ausland“ gegenüber dem Herzogtum Jülich) leicht möglich war. Nach Kesternich (mit Rurberg) hatten die meisten von ihnen in Dedenborn und Pleushütte / Einruhr ihren Wohnsitz.

Die Verselbständigung gegenüber der Mutterpfarre Simmerath begann mit einer Kirche (St. Michael, Weihe 1718) als Filiale und der Einsetzung eines ständigen Pfarrers (Taufrecht ab 1721). Es folgten Pfarrerhebung 1804 (unter zeitweiligem Einschluss von Hammer), schließlich die Bildung eines Pfarrverbundes mit Hammer und Eicherscheid im Jahre 1981 im Dekanat Simmerath (seit 1952). Die Kirche von 1717/18 ist – ungeachtet eines Anbaus (1973) – der einzige erhaltene ländliche Kirchenbau aus der Epoche im Monschauer Land, als sich die größeren Orte von den alten Pfarrkirchen Konzen und Simmerath zu lösen begannen. Die anderen Beispiele sind der Neubauwelle der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im durchweg neugotischen Stil zum Opfer gefallen. Ein für Dedenborn bereits existierender neugotischer Entwurf ist im 1. Weltkrieg nicht zur Ausführung gekommen.

Kreuzweg Station 12
Kreuzweg Station 13

Besonderes Kennzeichen der Kirche sind 16 kunsthistorisch wertvolle Kreuzwegbilder mit einer 15. Station zum Thema “Kreuzauffindung durch die Hl. Helena” und eine 16. Station in Gestalt eines Ablassbriefs. Der Dedenborner Pfarrer Reuter (1758-1783) hat die Kreuzverehrung mit verschiedenen Maßnahmen gefördert und offenbar auch den Versuch unternommen, an seiner Kirche ein Zentrum der Heilig-Kreuz-Wallfahrt zu begründen. Weitere Zeugnisse darüber sind u.a. ein gedrucktes Wallfahrtsbüchlein (1764) und steinerne Stationshäuschen am Weg vom Rurtal auf die Höhe von Dedenborn. Diese Stationshäuschen waren ursprünglich zur Aufnahme der geschnitzten und farbig gefassten Kreuzwegbilder bestimmt. Der Kreuzweg wurde 1764 eingeweiht. Die Wallfahrt hat sich jedoch gegen die ältere Tradition der Marienwallfahrt nach Mariawald bzw. Heimbach auf Dauer nicht durchsetzen können.

In der großen Auswanderungswelle der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts in das Gebiet der Großen Seen Nordamerikas haben mehrere Familien Dedenborn mit mehr als 50 Personen verlassen.

Im Herbst 1944 waren einige Einwohner aus Rauchenauel und Seifenauel im Ort zurückgeblieben, der von schweren Kämpfen verschont blieb; am 4. Februar 1945 von amerikanischen Truppen eingenommen.

Literatur:

E. Neuß: Dedenborn in der Geschichte. Ein Überblick, ML 35 (2007) S. 12-26; H. Steinröx: Der Anfang der Orte Dedenborn, Rauchenauel, Seifenauel und Pleußhammer, ML 12 (1984) S. 42-46; J. Löhrer: Die Amerika-Auswanderung aus der Ortschaft Dedenborn im 19. Jahrhundert, Eifeljahrbuch 60 (1991) S. 142-157; Th. Schreiber: Das Obere Rurtal im Spiegel amtlicher topographischer Karten. Teil 2: Dedenborn, Einruhr, Erkensruhr, ML 21 (1993) S. 97-110; G. Krings: Die Einnahme Dedenborns durch die Amerikaner, ML 23 (1995) S. 113-115; K. H. Kirch: Die Rurtalstraße – ein Jahrhundertprojekt in drei Phasen, ML 43 (2015) S. 90-112

Dorfstraße in Dedenborn